Baum des Jahres 2023 - die Moor-Birke

Quelle (Text+Fotos): Bauminfoblatt SDW Bundesverband

 

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Die Birken
Die Birken gehören zusammen mit Erlen, Hainbuchen und Haseln zur Familie der Birkengewächse. Mit etwa 50 Arten laubwerfender Bäume und Sträucher ist die Gattung Birke (Betula) in den gemäßigten und kühlen Zonen der Nordhalbkugel verbreitet.

In Deutschland ist vor allem die Hängebirke (Betula pendula) anzutreffen. Sie ist auch unter den Synonymen Sand-, Warzen- oder Weißbirke bekannt. Recht typisch für nasse oder kalte Gebiete ist hingegen die Moorbirke (Betula pubescens). Die Zwergbirke (Betula nana) und die bis zu zwei Meter hohe Strauchbirke (Betula humilis) zählen zwar auch als heimisch, kommen aber nur noch selten vor. Sie sind Relikte aus der Eiszeit und wachsen nur in wenigen Mooren Norddeutschlands und im Alpenvorland.

 

Verbreitung

Die Birken sind weit verbreitet, vorwiegend aber in den gemäßigten und kühlen Zonen der Nordhalbkugel natürlich vorkommend. Etwa 50 verschiedene Arten gibt es weltweit. Während die Moorbirke bis in 2200 Meter Höhe anzutreffen ist, hat die Hängebirke ihre maximale Höhenlage bei etwa 2000 Metern erreicht, die Strauchbirke bei 1500 Metern und die Zwergbirke bei 800 Metern. Sie alle sind lichthungrig und daher häufig an Waldrändern oder auf Brach- und Kahlflächen, in Mooren und Heiden anzutreffen. Die Moorbirke bevorzugt dabei eher die feuchteren und kühleren Standorte, die Hängebirke wagt sich bis ins südliche Europa vor.

Birken sind anspruchslos und auch auf nährstoffarmen, sauren Standorten mit schwierigen Verhältnissen können sich dauerhafte Birkenbestände ausbilden. Die Birke ist zudem besonders winterhart: Selbst eisige Temperaturen von -40 °C meistert die Überlebenskünstlerin. Dazu wandelt sie die in Zweigen vorhandene Stärke in ein Öl um, wodurch Wärme freigesetzt wird. Die Birke gehört zu den Pionierbaumarten, die Freiflächen als Erstes besiedeln. Junge Birken wachsen schneller in die Höhe als die meisten anderen Baumarten. Sie bilden einen Vorwald und bieten so anderen Pflanzen Schutz vor Hitze, Kälte und Wind. Sobald andere Baumarten den Standort besiedelt haben, wird die Birke überschattet und verdrängt. Doch es gibt auch Lebensräume, in denen sie einen dauerhafteren Platz einnimmt. Beispiele dafür sind Eichen-Birken-Mischwälder, Birken-Kiefern Mischwälder oder auch Birken-Bruchwälder. Birken werden selten älter als 120 Jahre und gehören damit zu den kurzlebigsten Baumarten unserer Breiten.

 

Aussehen
Die strauchförmigen Vertreterinnen Zwerg und Strauchbirke erreichen eine maximale Wuchshöhe von 1 bis 2 Metern und sind selten geworden. Bei den baumförmigen Birken, Hänge- und Moorbirke, handelt es sich um sommergrüne, schnellwachsende Bäume, die leicht an ihrer auffälligen, weißen Rinde zu erkennen sind. Verantwortlich für die weiße Rinde ist der Farbstoff Betulin. Die helle Rinde reflektiert das Sonnenlicht und schützt so gegen Überhitzung und Wasserverlust. Im Winter erspart sich die Birke damit die Entstehung von Frostrissen, die sonst durch die großen Temperaturunterschiede entstehen können und im Sommer bekommt sie keinen Sonnenbrand. In den ersten Jahren können Birken etwa einen Meter pro Jahr wachsen. Doch schon ab einem Alter von 20 Jahren verlangsamt sich ihr rasantes Wachstum stark. Die Blätter der Birken sind wechselständig angeordnet. Während die Blattform bei den strauchförmigen Arten eher rund ist, ist sie bei den baumförmigen Birken eher dreieckig bis rautenförmig. Dabei sind die Blätter der Hängebirke doppelt gesägt und haben – im Unterschied zur Moorbirke – eine lange Spitze. Bei der Moorbirke ist die Blattspreite ei- oder herzförmig angelegt und vor allem die jungen Laubblätter sind flaumig behaart. Freistehende Birken beginnen bereits sich in einem Alter von etwa 10 Jahren zu vermehren. Ihre Blüten wachsen zu Blütenkätzchen zusammengefasst. Birken sind in der Regel einhäusig, das heißt, männliche und weibliche Blütenkätzchen entwickeln sich am selben Baum. Die männlichen Blütenstände erscheinen an der Zweigspitze Ende des Sommers und überwintern nackt. Im Frühling öffnen sie sich durch Streckung und sind als herabhängende Kätzchen erkennbar. Die weiblichen Kätzchen sind nach oben gerichtet und bilden sich mit dem Laubaustrieb ab Ende März. In einem männlichen Blütenkätzchen befinden sich etwa 5 Millionen Pollenkörner. Der Pollen wird im Frühling mit dem Wind verteilt und fliegt bis zu 2.000 Kilometer weit. Nach der Windbestäubung entwickelt sich zum Sommerende das weibliche Kätzchen zu einem Fruchtzapfen mit bis zu 450 einsamigen, geflügelten Nüsschen. Diese werden wiederum durch den Wind verbreitet. Durch die intensive Samenproduktion und die weite Verbreitung verschaffen sich Birken einen erheblichen Konkurrenzvorteil bei der Besiedelung von Freiflächen. Aus dem Saatgut einer einzigen Birke könnte ein ganzer Hektar Wald entstehen.

 

Ökologie
Sobald einige Birken einen Reinbestand auflockern, erhöht sich die Artenvielfalt in der Umgebung: Bis zu 100 zusätzliche Tierarten gibt es im Nadelwald, wenn darin einige Birken stehen. Über 160 Insekten haben sich auf sie als Nahrungsquelle spezialisiert, 118 davon sind Großschmetterlinge. Die Birke lässt viel Licht zum Waldboden durch. Damit können sich unter ihrer Krone lichtbedürftige Gräser und Kräuter ansiedeln, die wiederum Nahrungsgrundlage weiterer Tiere sind. Zudem verbessert das im Herbst herabfallende Laub die Bodenqualität. Birken gehören zu den Baumarten mit der am schnellsten abbaubaren Streu. Die positiven Wirkungen, die Laubbäume im Allgemeinen in Nadelreinbeständen haben, setzen daher zeitiger ein. Zu diesen positiven Auswirkungen zählt eine Erhöhung des pH-Wertes. Damit geht eine Erhöhung der mikrobiellen Aktivität einher.

 

Holzeigenschaften und -nutzung

Birkenholz ist mittelschwer, zäh und elastisch. Es wird somit zu Unrecht häufig als Weichlaubholz bezeichnet. Die Festigkeit von Birkenholz ist höher als von Kiefern- und Fichtenholz. Es fällt durch seine helle Farbe auf, wobei es Abstufungen von fast weißem Gelb oder Rot bis Hellbraun gibt. Birkenholz ist meist gleichmäßig gefärbt und hat einen leicht seidigen Glanz. Die Jahrringgrenzen sind auch mit einer Lupe kaum auszumachen. Bei älteren Birken kann es zur Ausbildung eines dunkleren Kerns kommen. Das technisch sehr hochwertige Holz eignet sich am besten für den Einsatz im Innenbereich (Möbel, Spezialteile für Maschinen, Instrumente, Spielzeuge). Im Außenbereich gibt es Einschränkungen bei der Haltbarkeit, denn Birkenholz ist anfällig gegenüber Pilzen, Insekten und Witterungseinflüssen. Das auch mit der Hand gut zu bearbeitende Holz der Birke wurde früher zur Herstellung verschiedener Alltagsgegenstände verwendet. Die Rinde wurde beispielsweise für den Kanubau oder zum Abdichten von Dächern genutzt. Das Birkenpech gilt als ältester Kleber der Menschen und fand vielseitigen Einsatz – in der Steinzeit zum Beispiel, um Pfeilspitzen zu verkleben. Inzwischen ist die einst klassische Nutzung in seltene Handwerkskunst übergegangen, die nur noch wenige beherrschen.

 

Kunst und Kultur

Mit ihrem hellen Stamm ist die Birke ein auffälliger Baum, der die Menschen seit jeher bezaubert hat. Im gesamten nord- und osteuropäischen Kulturraum gilt sie traditionell als Baum der Liebe, des Lebens und des Glücks. Sie steht symbolisch für das Licht und für das Frühjahr, für Lebenskraft, Anfang und Neubeginn. Auch ihr Name lautet überall ähnlich: In Norwegen heißt sie »bjerk«, in England »birch«, auf Polnisch nennt man sie »brzoza«, in Russland »bierioza«. All diese Bezeichnungen gehen auf den indogermanischen Wortstamm »bhereg« zurück, was mit »Hellschimmerer« übersetzt werden kann. Doch wir verbinden die Birke nicht nur mit »hell« und »lichtdurchflutet«. Besonders auf Moorstandorten kann sie auch düster und geheimnisvoll wirken. Zahlreiche Mythen und Sagen ranken sich um die Birke. In Kunst und Lyrik hat sie zu den unterschiedlichsten Werken inspiriert.

 

Heilmittel und Allergie

Schon seit Jahrhunderten nutzen die Menschen die Birke als Hausmittel. Heute ist der Großteil ihrer Heilwirkung wissenschaftlich nachgewiesen. Unterschiedliche Teile der Birke enthalten Substanzen, die Entzündungen hemmen, Schmerzen lindern oder den Stoffwechsel anregen. Darunter sind Flavone, Saponine, ätherische Öle, Bitterstoffe, Gerbstoffe und Vitamin C. Sie helfen zum Beispiel bei der Therapie von Harnwegsinfektionen, Rheuma und Gicht.

Doch der helle Baum hat auch eine Schattenseite. Für einen wachsenden Teil der Bevölkerung ist die Birke alles andere als gesundheitsförderlich: Jede zehnte Person in Deutschland ist gegen Birkenpollen allergisch. Durch den Klimawandel ist die Tendenz sogar zunehmend. Mit steigenden Temperaturen wird der Zeitraum des Pollenflugs immer länger. Studien in Gewächshäusern haben außerdem gezeigt, dass Pflanzen mehr Pollen erzeugen, wenn sie von mehr Kohlendioxid umgeben sind.

 

Steckbrief
 

Name:                Moorbirke (Betula pubescens)
 

Familie:              Birkengewächse (Betulaceae)
 

Alter:                 bis 120 Jahre
 

Höhe:                 bis 30 m
 

Durchmesser:     selten über 60 cm
 

Rinde:               glatt und fast ohne Furchen; junge Zweige sind braun, an der
                        Spitze dicht behaart und besitzen nur wenige Harzdrüsen

 

Blätter:             bis 5 cm lang, vorne sehr kurz zugespitzt; entlang der
                        Blattadern behaart; Blattrand z. T. doppelt gesägt

 

Blüte:               weiblich: stehende Kätzchen, 2-4 cm lang;
                       männlich: an der Zweigspitze hängende Kätzchen, etwa 10 cm                           lang

 

Früchte:          Flügel der Frucht meist nicht viel breiter als das Nüsschen
 

Gefährdung:    plötzliche Trockenheit; Verlust typischer Standorte (Au-, Moor-,
                      Bruchwälder); Infrastruktur- und Flussregulierungsmaßnahmen

 

Holz:              mittelhart, mittelschwer, zäh und elastisch
 

Verwendung:  Furniere, Möbel, Musikinstrumente, Maschinenteile, Brennholz,                           Kunsthandwerk, Saft, Heilmittel